Schützen Kryptowährungen vor der Inflation?
Aktuell ist die Inflation so hoch wie schon lange nicht: In der Eurozone liegt die Inflation bei besorgniserregenden 7,5%. Die Preise steigen, die Ersparnisse verlieren ihren Wert. Damit werden alternative Anlageformen für den Durchschnittsbürger interessant.
Eine potentielle, in den vergangenen Jahren zunehmend
populär gewordene Anlageform sind Kryptowährungen. So beschäftigt momentan
viele Menschen die Frage: Sind Kryptowährungen eine gute Möglichkeit, mein Geld
vor der Inflation zu schützen?
Bei der Recherche für mein Buch Inflation ausbremsen habe
auch ich mich mit dieser Frage befasst. Die Erkenntnis, die ich gewonnen habe, mag
ernüchternd sein: Wären Kryptowährungen eine Möglichkeit, Geld
inflationsgeschützt anzulegen, müssten sie eine Rendite haben, die zumindest
die Inflationsverluste der jeweiligen Landeswährung wieder ausgleicht.
Mit anderen Worten: Wären Kryptowährungen inflationsstabil,
müsste ihr Kurs gegenüber einer Währung, die von Inflation betroffen ist,
automatisch steigen – und zwar genau um den Prozentsatz der Inflationsrate. Das
ist allerdings nicht der Fall.
So ist beispielsweise die weltweit bekannteste Kryptowährung
– der Bitcoin – heute weniger als die Hälfte wert als vor einem halben Jahr,
bei seinem Allzeithoch im November 2021: Kostete ein Bitcoin damals über 60.000
Euro, liegt der aktuelle Preis unter 27.000 Euro (Stand 12.05.2022). Wer damals
also in diese Kryptowährung investiert hat, in dem guten Glauben der Kurs würde
immer weiter steigen, hat aktuell mehr als die Hälfte seiner Investition
verloren. Bei derartigen Kursschwankungen kann von einer inflationsgeschützten
Geldanlage mit Sicherheit nicht die Rede sein.
Davon abgesehen wirft dieser starke Kursverlust noch eine
zweite Problemstellung auf: Die Geldanlage in Kryptowährungen ist
risikobehaftet. Sie bergen das Risiko, nicht nur durch die Inflation, sondern
zusätzlich auch noch durch Kursverluste Geld zu verlieren.
Gegenwärtig gelten Kryptowährungen in vielen Kreisen als
eine Art „sicherer Hafen“ für Ersparnisse. Ein gefährlicher Irrglaube: Denn das
Geld ist weder inflationsgeschützt angelegt – noch ist es sicher.
Zugegeben, es gibt auch Menschen, die mit Krypto ein
Vermögen gemacht haben. Man kann mit Kryptowährungen natürlich auch gewinnen …
aber das kann man eben auch mit Pennystocks oder am Roulette-Tisch.
Mag sein, dass der Kurs wieder steigt; mag sein, dass er
sogar durch die Decke geht. Ja – es kann sein, dass auf den aktuellen Crash der
nächste Höhenflug folgt. Es kann aber eben auch sein, dass der Kurs noch weiter
fällt … oder, dass die Kryptowährung ganz verschwindet. Voraussagen lässt es
sich nicht, es ist reine Spekulation.
Daher sind Kryptowährungen meines Erachtens etwas für Zocker
– für risikofreudige Anleger, die Geld einsetzen, das ihnen im Verlustfall
nicht fehlt. Für Menschen, die tatsächliches Interesse an Kryptowährungen
haben.
Wer sich mit der Materie allerdings nicht näher
auseinandersetzen will und das eigene Geld einfach nur sicher anlegen möchte,
dem rate ich persönlich von der Investition in Kryptowährungen definitiv ab.
© Thomas Sailer |
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