Martin Eichendorf – die Fähigkeit, Unmögliches möglich zu machen

Martin Eichendorf, der Held aus dem Roman »Die Gefängnisinsel« ist eigentlich ein ganz normaler Mensch. Er hat keine Superkräfte, keine außergewöhnlichen Talente und reich ist er auch nicht. Trotzdem ist er ein Romanheld, der seinesgleichen sucht: Er macht mehrfach das eigentlich Unmögliche möglich.

Aber wie gelingt ihm das? Wie schafft er es seine Ziele zu erreichen, obwohl anfangs scheinbar die ganze Welt gegen ihn ist? Die Antwort liegt in einem Zusammenspiel von Eigenschaften, die es ihm ermöglichen sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. In diesem Artikel möchte ich ein paar von Martin Eichendorfs Stärken, die ihm seine Flucht in die Freiheit ermöglicht haben, näher betrachten.


Selbstwert

Zu aller Erst ist Martin Eichendorf es sich selbst wert, für ein besseres Leben zu kämpfen. So einfach, so elementar. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Die meisten Menschen sind es irgendwann leid, an sich oder an ihren Lebensumständen zu arbeiten. Irgendwann akzeptieren sie ihren Alltag einfach so wie er ist und wollen sich keinen Illusionen mehr hingeben.

Martin hingegen hat auch nach tristen Jahren in Haft insgeheim noch hohe Erwartungen an sein Leben. Wenn es darauf ankommt, ist er sehr ehrgeizig und kämpft mit allem was er hat.


Vision

Martin Eichendorf hat eine klare Vorstellung von seinem Leben. Damit war die Haft für ihn besonders quälend – aber auch etwas das er niemals akzeptieren konnte. Auch wenn es für ihn bestimmt einfacher gewesen wäre, aus seiner Lage das Beste zu machen, hat er nie aufgehört von der Freiheit zu träumen. Er hat nie zugelassen, dass der Kontrast zwischen einem erfüllten Leben und seinem leeren Dasein in Haft in seiner alltäglichen Bedeutungslosigkeit verschwimmt – weshalb er auch, nachdem sich nach 28 Monaten erstmals eine Möglichkeit für ihn ergeben hat, die Motivation aufbringen konnte, diese Chance auch wirklich zu nutzen (und nicht z.B. nur einen halbherzigen Versuch zu wagen, bzw. aus Angst von vornherein aufzugeben).


Fokus

Wie bereits festgestellt weiß Martin, was er will – und was er nicht will. Er hat klare Prioritäten. So zum Beispiel ein freies, glückliches Leben. Rache, Genugtuung, offene Rechnungen, verletzter Stolz – das alles interessiert ihn nicht und er vergeudet kein Quäntchen seiner Energie, um sich mit solchen Dingen zu befassen.

Das ermöglicht es ihm wiederum seine Energie in die Dinge zu investieren, die er als wirklich wichtig erkannt hat. Martin fokussiert seine Ziele und hält sich nicht mit Banalitäten auf. Auch wägt er ab, ob es vertretbar ist seinen momentanen Impulsen zu folgen. Manchmal ist es gut genau das zu tun, was er im Moment will – nicht selten sind aber momentane Bedürfnisse und/oder Bauchgefühle eher hinderlich für das Erreichen von einem bestimmten, großen Ziel. Wenn es darauf ankommt, weiß Martin genau, worauf er sich konzentrieren muss.


Beharrlichkeit

Martin stellt sich Herausforderungen, selbst wenn sie unmöglich scheinen. Zwar verlässt auch ihn manchmal der Mut, aber selbst in diesen Situationen macht er weiter, bis es wieder besser läuft.

Das ist ganz allgemein ein beliebter Fehler: Auf der Zielgerade aufzugeben. Oder jedenfalls auf dem Weg zum Ziel. Weil wir im Moment nur die Anstrengung, die Last und den Schmerz spüren und unfähig sind zu erkennen, dass wir eigentlich auf sehr gutem Kurs sind … neigen wir dazu, voreilig aufzugeben und unsere Chancen zu vertun, weil wir nicht mehr mit aller Kraft bei der Sache sind.


Reflexion

Dass Martin seine Energie so sinnvoll nutzt, hängt direkt mit dem nächsten Punkt zusammen: Der Reflexion. Martin reflektiert viel und behält dadurch immer einen nüchternen Blick auf die Dinge: Auch wenn ihm sein momentanes Bauchgefühl vielleicht anderes vermitteln möchte, weiß er stets, ob er gut auf Kurs ist oder nicht. Auf diese Weise kann er getrost die Entscheidung treffen, all seine Energie in ein Unterfangen zu investieren, wenn er nach umfassender Überlegung zu dem Schluss gekommen ist, dass dieser Weg für ihn der richtige ist.


Problemlöse-Kompetenz

Martin begegnet Problemen mit Sinn und Verstand: Er visualisiert sein Ziel und sucht nach einem Weg, wie er es tatsächlich erreichen kann – auch wenn es in seiner Lage eigentlich realitätsfern wirkt.

Das ist ein sehr spannender Punkt! Viele Menschen haben einen Traum, scheitern aber daran einen Weg zu ihrem Ziel zu finden. Zugegeben, das ist auch nicht so einfach: Eine große Sache in kleinen Schritten umzusetzen, sodass du nicht immer nur von deinem Ziel träumen, sondern dich wirklich darauf hinzubewegen kannst.

Martin Eichendorf tut genau das. Mit allen Widrigkeiten, die damit in Verbindung stehen. Niemand hat gesagt, dass es einfach ist – aber oft ist viel mehr machbar, als wir zu glauben wagen.


Bodenständigkeit

Ein Begriff, der erst einmal verwundern mag, da Martin ja eigentlich der Typ Mensch ist, der nach den Sternen greift. Allerdings schließt das eine das andere nicht aus! Martin versteht es nämlich (im Lauf der Handlung zusehends) die banalsten Dinge als Werkzeuge zu nutzen und damit immer wieder aus einem „geht nicht“ ein „funktioniert“ zu machen.

Gerade in der heutigen Wegwerfgesellschaft trennen wir uns gerne leichtfertig von Dingen, weil wir Dogmen wie „Es reist sich besser mit leichtem Gepäck“ im Kopf haben – oder aber, weil wir immer das Beste und Teuerste haben wollen und uns das, was für uns gerade greifbar ist, als Werkzeug nicht gut genug scheint. Tatsache ist, dass wir – wenn wir das Unmögliche erreichen möchten – beim Greifbaren, Möglichen ansetzen müssen: Also mit dem arbeiten, was wir haben; Dinge benutzen, die wir hier und heute angreifen können.

Martin arbeitet unter anderem mit leeren Plastikflaschen und Blechdosen. Sachen aus dem Abfall. Oder mit seinem Arbeitsoverall aus dem Gefängnis-Arbeitsbereich. Mit den wenigen Dingen, die ihm nach seinem Ausbruch zur Verfügung stehen. Natürlich träumt er auch schon einmal davon, einfach mit einem Fahrzeug fliehen zu können. Dieser temporär befreiende Wunschtraum sei ihm vergönnt. Er ist vielleicht sogar wichtig, dass er sich gedanklich eine Auszeit gönnt – arbeiten muss er jedoch mit den Utensilien, die er in die Hände bekommen kann.

Martin Eichendorf kreiert vielleicht nicht im Stil eines Angus MacGyver aus einfachsten Mittel geniale technische Lösungen, doch er versteht es trotzdem das Wenige, das er zur Verfügung hat, zu nutzen, um seinem Ziel stetig näherzukommen.

Thomas Sailer als Martin Eichendorf im Film »Die Gefängnisinsel – Doku einer Flucht«

Bildquelle: Thomas Sailer


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